Schönes Hobby!
Angefangen hat alles auf der Arbeit. Als Berufsfeuerwehrmann kommt man im Werk viel herum und spricht mit den verschiedenen Leuten. Manchmal erlaubt es die Zeit, dem ein oder anderen über die Schulter zu gucken. Dies ist keine Neugierde, sonder Anteilnahme. Als gelernter Werkzeugmacher ist mir die Mechanik der Maschinen nicht fremd und auch der Umgang mit Fräse und Drehbank ist nicht ganz fern. Bei einem solchen Kontrollgang bin ich vor ein paar Jahren beim Kollegen Franz vorbeigekommen. Er saß in der Pause über einer Zeichnung, die auf den ersten Blick anders aussah.
Was baust du da? Einen Unimog! So fing es an.
Anfänglich habe ich dieses Hobby etwas belächelt, doch es hatte mich getroffen, die Neugierde war geweckt. Ein Modell fürs Grobe, hatte Franz gesagt, sollte entstehen. Ich lies mir mehr erzählen und der Stachel saß tief. Ich musste einfach auch ein solches Modell haben. So entstand der Unimog 6x6 in 1:10. „Ein Unimog mit drei Achsen?“ werde ich auf Messen immer wieder gefragt. Das Vorbild fährt bei der australischen Armee als Bergefahrzeug. Ein konkreter Bezug zum Original ist somit gegeben. Der Wunsch nach einem kleineren Fahrzeug kam jedoch relativ schnell auf. Der 6x6 geht mehr als gut durchs Gelände ist aber für die meisten Parcours durchaus etwas zu breit und Wettbewerbe gibt es für die Brummer eigentlich nur beim Ostrial. Außerdem wollte ich auch was zum Fahren haben, wenn meine Tochter mit dem großen Unimog fährt.
Die Idee zu einem kleineren Unimog war somit geboren. Die Größe von Franz` Gefährt erschien mir passend. 1:12 war somit der Maßstab der Wahl. Das Fahrerhaus des U406 erwarb ich bei Truckmodellsport Hafner. Dazu ein paar Anbauteile wie Lampen und Spiegel. Das Vorbild ist mir aus meiner Kindheit noch bestens in Erinnerung. Der Aufbau war also schon mal halb fertig.
Die Antriebstechnik gab es noch zu entwickeln. Die von Franz eingesetzten Achsen gaben eine gute Basis her, sie tun auch am 6 x 6 in verbreiteter Form problemlos ihren Dienst. Doch der neue Unimog sollte etwas näher am Original sein und dazu fehlten bisher die Portale an den Achsen. Diese galt es zu verwirklichen. Es folgten Abende am Zeichenprogramm.
Der mittlere Teil der Achsen ist unverändert geblieben. Ein Schneckenantrieb ist die Zentrale Antriebseinheit in den Achsen. Der Abstand zwischen Schnecke und Schneckenrad beträgt 17 mm. Es kommt eine Schnecken- Schneckenradpaarung von Mädler mit Untersetzungsverhältnis von 4: 1 zum Einsatz. Durch den Schneckenantrieb ist gewährleistet, dass die Achsen unter dem Fahrzeug später nicht tanzen. Der bekannte Torquetwist findet auf diesem Parkett nicht statt. An den äußeren Enden der Achse sind die Neuerungen verbaut.
Die Portaleinheiten sind an der Lenkachse mit 8 mm Kardangelenken mit der Antriebswelle verbunden und erlauben einen Lenkeinschlag von 47 Grad. Darüber hinaus läuft das Kardangelenk nur noch widerspenstig. Ohne Antriebsgelenke beträgt der Lenkeinschlag gute 57 Grad. Hinten führt die 8 mm Antriebswelle direkt ins Portal. Die Portale selbst sind eine Neuerung an den Schneckenachsen, die im Ursprung bereits in der TRUCKmodell 01/2006 vorgestellt worden sind. Im Portal arbeitet eine Zahnradpaarung mit 23 Zähnen und 25 Zähnen. Es ergibt sich so eine marginale Untersetzung von 0,92:1. Die Zahnräder wurden so gewählt um zum Einen den Höhenunterschied von 15,6 mm in den Portalen zu realisieren und zum Anderen die Außenwand des Portals nicht zu gering werden zu lassen. Am oberen Rand des Portals steht nun nur noch eine Wandstärke von 5/10 Millimeter.
In der Vorderachse gibt es eine Besonderheit, die in einigen Regelwerken zur Einstufung als Prototyp führt. Das rechte Vorderrad kann frei laufend geschaltet werden. Somit verringert sich der Lenkradius erheblich. Die mögliche Einstufung als Prototyp stört mich aber nicht weiter, da ich nur selten an Trialwettbewerben teilnehme und wenn wird die Funktion einfach still gelegt. Zur Realisierung wurde ein Sechskant in die 8 mm Welle gefräst. Hier läuft eine entsprechende Stecknuss aus dem Werkzeugkasten. Diese Nuss wurde überdreht und gleitet, über Bowdenzug mit einem 8 kg Servo verbunden, über die beiden Wellenenden. Eine Schraubenfeder drückt die Nuss wieder in die Ausgangslage. Bei Ausfall des Servos ist somit immer Kraftschluss zu 100% gegeben.
Die Lenkung an der Vorderachse ist ebenfalls eine Eigenkreation, wie sie schon bei meinem 6 x 6 Verwendung gefunden hat. Über der Achse laufen zwei parallel geführt Spurstangen. Jeweils in deren Mitte ist ein Stahlstift montiert. Diese Stifte werden über eine Stahlscheibe mit Langlöchern angelenkt. Bei meinem 6 x 6 kam von Anfang an ein RB35 Getriebemotor zum Einsatz. Beim 4 x 4 wollte ich es einfacher halten und habe daher ein entsprechend kräftiges Servo verbaut. Selbst mit über 35kg Stellkraft zeigten sich die beiden getesteten Servos als nicht vergleichbar mit dem RB35. So das letztendlich doch der Getriebemotor mit externem Poti und Servoelektronik den Vorzug bekommen hat. Neudeutsch spricht man bei der Spurstangenführung von OTA, over the axle. Hier oben liegen die Spurstangen geschützt und stören später nicht an irgendwelchen Felsen. Die Kraft die vom Getriebe über Kardanwelle und Kardangelenke von Mädler am Rad ankommen, werde über die guten alten Conrad Traktorreifen mit 110 mm Außendurchmesser auf den Boden gebracht. Die Felgen auf denen die Reifen verklebt sind stammen aus eigener Produktion. Das ursprüngliche Design der Felgen wurde von mir nur minimal verändert. Ein Paar Verzierungen am Felgenrand und ein Dom in der Felgenmitte variieren das Desgin. Der Dom in der Felge ist ein einzelnes Drehteil, das es erlaubt längere Schrauben zur Befestigung zu nehmen. Die Portale fügen sich fast saugend in die Felgen. So steht die eigentliche Achse fast 16 mm höher und bietet so mehr Bodenfreiheit unter der Achsmitte als die Ausgangsachse.
Die Kraft, um die Fuhre in Bewegung zu setzen, kommt von einem Brushlessmotor mit 21,5 Turns aus dem Hause Robitronics samt dem dazugehörigen Fahrregler. In meinem großen 6 x 6 tut ein Servonaut T20 mit Bürstenmotor seinen Dienst. Für ein zukünftiges Projekt geht meine Priorität ganz klar wieder zum Ursprung. Der bürstenlose Motor läuft gut aber vom T20 bin ich doch zur sehr verwöhnt.
Die Drehbewegung des Motors wird an ein Zweigangakkuschraubergetriebe von Bosch weiter geleitet. Das Getriebe baut im Ursprung recht lang wurde von mir aber auf das Wesentliche gekürzt. Übrig geblieben ist nur die reine Schalteinheit. Das Verteilergetriebe ist direkt mit dem Planetengetriebe des Akkuschraubers verschraubt. Eine kompakte und stabile Antriebseinheit ist so entstanden. Geschaltet werden die zwei Gänge durch ein Servo am Rahmen und den ursprünglichen Schaltbügel über dem Getriebe.
Wie bereits erwähnt sitzt das Schaltservo am Rahmen, der auch die übrigen Komponenten trägt. Der Leiterrahmen, mit einer Gesamtlänge von 345mm, besteht aus zwei äußeren Rahmenhälften aus 6 mm Aluminium, die vorne und hinten durch Distanzrohre auf 62 mm Außenabstand gehalten werden. Auf meiner heimischen Fräse habe ich den Rahmen nach meiner Zeichnung gefertigt. Im Rahmenbauch ist die Antriebseinheit als tragende Einheit fest verschraubt. Der Unimog trägt seinen Bauch mit Stolz. Dieser nach unten gekröpfte Rahmen ist auch eine Eigenart der Unimogfamilie. Zumindest die 406 und 416 Universal Motor Geräte kamen mit diesem Bauch aus Gaggenau.
Die bewegliche Verbindung von Rahmen und Achsen findet über Schraubenfedern statt. Hier bin ich immer noch nah am Original. Bei der Achsführung weiche ich jedoch vom Original ab. Ich verzichte auf Schubrohre und nutze stattdessen Längslenker und oben liegende Dreieckslenker. Der vordere Dreieckslenker fällt dabei recht kurz aus, da er vor der Achse liegt und der Rahmen vor der Achse nur geringen Überhang hat. Nach hinten raus wäre kein Platz für den Dreieckslenker gewesen, da sich hier der Motor breit gemacht hat.
Das rollende Chassis ist somit fertig und die ersten Testfahrten auf der Werkbank sind auch erfolgreich verlaufen. Die Karosserie wurde in „Hulk-Grün“ lackiert. Etwas Giftiges geht von dieser Farbwahl aus. Mit dem aus PS-Platten geklebten Pritschenaufbau hinten wird das Bild abgerundet.
So konnte es auf die hauseigene Teststrecke gehen. Die Strecke ist speziell für gemütliche Offroader gestaltet worden. Einige Kubikmeter Mutterboden als Grundlage wurden mit Granitsplitt und Granitbrocken gestaltet. Hier dürfen sich meinen Allradtrucks austoben. Der kleine Unimog fährt zu meiner vollsten Zufriedenheit. Er ist weitaus wendiger als sein großer 6x6 Bruder. Leider führte die hohe Geländetauglichkeit zu Übermut beim Fahrer. Es kam wie es kommen musste, der 6 kg schwere 4 x 4 ging übers Dach und zerlegte sich in einzelne Komponenten. Der kurze Achsstand von 245 mm macht den U406 recht kopflastig. Die feine Lackierung hatte kräftig gelitten. Granit ist doch härter als Plastik und Lack. Auch den Heckaufbau hatte es komplett zerlegt. Die „Scherben“ zusammen kehren und zurück in die Werkstatt war eins. Der Kleine braucht einen Käfig! Der Beschluss stand somit fest.
Der Überrollkäfig wurde aus 3 mm Rundmaterial aus Edelstahl gebogen. „Warum jetzt Edelstahl?“ wird der ein oder andere fragen. Weil, wie oben erwähnt, 6 kg Kampfgewicht zur Not aufgehalten werden müssen und weil ich es schweißen kann. Jeder nimmt halt das Material, was er zur Verfügung hat und das er auch bearbeiten kann. Der Käfig stützt sich vorne auf der Stoßstange ab und hinter der Fahrerkabine auf einer zusätzlichen Quertraverse. So ist die Kabine vor allzu starken Beschädigungen geschützt. Kratzer hält der Käfig nicht ab, aber die hören bei einem Offroader auch irgendwie dazu.
So geschützt kann es wieder hinausgehen in die Minidolomiten, die ich in meinen Garten angelegt habe. Der Unimog zieht immer und überall durch und kann dank der verbauten Frontseilwinde auch schon mal Bergehilfe leiste. Er selber braucht die eigentlich nur dann wenn es senkrecht die Wand hochgehen soll.
Nachdem der MOG nun fertig ist, bleibt eigentlich nur noch ein Modell für meine Frau Silke, damit auch Sie voll Überzeugung sagen kann: „schönes Hobby“